Am 6. April war Welttischtennis-Tag, der, wie man vermuten konnte, nur in der Szene selbst in irgendeiner Form gefeiert wurde und nur wenig sonstige Resonanz erhielt. Heute (11. April) ist dagegen ein Tag, der in den Medien rauf und runter thematisiert werden wird. Für das Tischtennis spielt der Tag eine wichtige Rolle, hilft doch (so sagen es Untersuchungen und Betroffene), dass Tischtennis die Symptome lindert und man sich Parkinson-Erkrankter (danach) besser fühlt. Einer dieser Betroffenen ist Norbert Hase aus Varel. Er spürte, nach dem er wieder zum Schläger gegriffen hatte, eine deutliche Verbesserung der Symptome.
Foto: privat
Wie bist du zum Tischtennis gekommen?
Bei uns in der Familie war Tischtennis ein Thema, solange ich denken kann. Mein 12 Jahre älterer Bruder spielte im Verein und wir hatten einen Tischtennistisch zu Hause. Das erste Mal hatte ich mit 3 Jahren einen Tischtennisschläger in der Hand. Dann wurde später in den Pausen in der Schule Rundlauf gespielt. Nach der Schule spielten wir den ganzen Nachmittag mit Freunden Tischtennis. Dann mit etwa 12 Jahren spielte ich das erste Mal im Verein. Meine stärkste Phase hatte ich dann in den 90er-Jahren, in denen ich lange Zeit in der 1. Bezirksklasse spielte. Aber, dass ich, nachdem mit 3 Jahren das erste Mal einen Schläger in der Hand gehalten hatte, 50 Jahre später bei der ITTF Weltmeisterschaft Parkinson Weltmeister im Mixed und Vizeweltmeister im Einzel werde, hätte ich niemals erwartet und war mein persönliches Highlight beim Tischtennis.
Wann hast Du die Diagnose bekommen und wie hat sich bei Dir die Krankheit gezeigt?
Ab 2006 fühlte ich mich oft schlapp und antriebslos. Meine Muskeln in den Oberschenkeln schmerzten schon am Morgen und ich kam morgens nur mit größter Anstrengung aus dem Bett. Mein rechter Arm hing noch am Körper runter und schwang beim Laufen nicht mehr mit. Außerdem hatte ich Probleme mit filigranen Arbeiten und mir fiel oft etwas aus der Hand. Ich wusste, dass irgendwas mit mir nicht stimmte. Dann sah ich einen Fernsehbericht über Parkinson und erschrak, denn die Symptome waren bei mir ähnlich. Mit dieser Erkenntnis ging ich dann Anfang 2008 zum Hausarzt, der mich dann regelrecht auslachte, weil ich die Vermutung Parkinson äußerte. Der Neurologe meinte dann, dass es sich vielleicht um Parkinson handeln könnte. Am 3.12.2008 ließ ich dann einen Datscan [Anmerkung Daniel Faust: eine Untersuchungsmöglichkeit auf Parkinson] machen. Als das Ergebnis Parkinson verkündet wurde, fiel ich aus allen Wolken und saß erstmal über eine Stunde im Auto, bevor ich losfahren konnte.
Welche Symptome hast Du damals gehabt?
Es fing damals mit starken Muskelschmerzen und mit dem Nichtmitschwingen des rechten Armes an. Am Anfang hatte ich leichten Tremor in der linken Hand, der bis 2015 immer stärker wurde. Dann wurde ich medikamentös eingestellt. In den Bewegungen im Alltag bin ich sehr langsam und Schmerzen in Armen und Beinen sind mein ständiger Begleiter. Im Laufe der Jahre kamen dann extreme Konzentrationsprobleme dazu, die dazu führten, dass ich meinen Beruf als Bildungsbegleiter nicht mehr ausüben konnte und ich in befristeter Rente geschickt wurde.
Wann und warum hast Du wieder mit dem Tischtennis angefangen?
Nach der Diagnose 2008 habe ich mit dem Tischtennis spielen aufgehört. Aber es ging mir ohne Tischtennis immer schlechter. Die Symptome verschlimmerten sich und auch die Psyche geriet in Mitleidenschaft. Dann wurde ich vom Abteilungsleiter des örtlichen Tischtennisvereins angesprochen, dass ich doch wieder bei ihnen spielen sollte. Er wusste, dass ich lange Zeit Tischtennis gespielt habe. Also fing ich etwa 2011 wieder mit dem Training an und es ging mir schlagartig besser. Meine Bewegungen wurden wieder flüssiger und ich spielte fast so wie früher. Ab 2017 legte ich dann wieder eine Pause von etwa 2 Jahren ein und meine Symptome verschlimmerten sich wieder. Nachdem ich dann im Oktober 2018 in Rente geschickt wurde, fing ich wieder mit dem Tischtennis an, was bis heute anhält.
Warum spielst Du immer noch Tischtennis? Wie kann Tischtennis bei der Krankheit helfen?
Ich finde, dass Tischtennis die beste Therapie bei Parkinson ist. Tischtennis spielen kann man in jedem Alter. Man kann jederzeit damit anfangen. Tischtennis fördert die Motorik, die Beweglichkeit und das Reaktionsvermögen. Es verbessert die Gedächtnisleistung, den Gleichgewichtssinn und das Konzentrationsvermögen. Was ich persönlich noch sehr wichtig finde ist, dass Tischtennis Spaß macht und die Betroffenen aus der Isolation holt. Es entsteht oft ein Zusammenhalt und sogar Freundschaften, die viele an Parkinson Erkrankte seit Jahren vermissen. Außerdem ist der Begriff neuronale Plastizität das Zauberwort. Im Gehirn bilden sich neue Verbindungen oder bei erfahrenen Spielern werden die Verbindungen verstärkt.
Wie kam es zur Gründung von PingPongParkinson?
Der Kontakt zu Thorsten Boomhuis, dem heutigen ersten Vorsitzenden von PingPongParkinson Deutschland kam erstmals im Jahr 2019 zustande. Ich hatte von der Parkinson-Weltmeisterschaft in Pleasentville bei New York erfahren. Aber das Zeitfenster und meine finanzielle Situation ließen eine Teilnahme scheitern, die ich dann 2021 bei der WM in Berlin nachholen konnte. Ich fieberte damals mit den 6 New York-Startern mit und blieb ständig mit Thorsten Boomhuis in Kontakt. Im Januar 2020 fragte er, ob ich einer der Gründungsmitglieder von PingPongParkinson Deutschland sein möchte, was ich dann annahm. Das Konzept von PingPongParkinson gefällt mir sehr gut. Alleine die Tatsache, dass wir viele Betroffene von den Sofas in die Hallen holen und sich durch Tischtennis die Lebensqualität von vielen Menschen extrem bessert, war für mich ein überzeugender Grund mich für PingPongParkinson einzusetzen. Am 2.Februar 2020 war es dann so weit und PingPongParkinson Deutschland wurde gegründet. Mittlerweile hat der Verein fast 500 Mitglieder.
Wie kann Tischtennis helfen?
Unter den Tischtennis spielenden an Parkinson erkrankten Menschen gibt es einige, die schon vor der Diagnose Tischtennis gespielt haben. Bei ihnen sind die Bewegungen vom Tischtennis so fest im Gehirn verankert und gespeichert, dass sie beim Tischtennis kaum Symptome haben. Wenn jemand einen starken Tremor in der Schlaghand hat, hört das Zittern beim Schlagen des Balles auf. Oder es gibt viele, die mit dem sogenannten Freezing zu tun haben. Diese Menschen sind bewegungsunfähig und werden zum Tisch transportiert oder geschoben. Wenn sie dann das Klicken des Balles hören und mit dem Spielen beginnen, sieht man ihnen die Krankheit kaum an. Das ist für uns an Parkinson Erkrankten so etwas wie ein kleines Wunder. Bei mir persönlich ist es so, dass ich in meinen Bewegungsabläufen im alltäglichen Leben sehr langsam bin. Am Tischtennistisch sieht man es mir kaum an und ich kann plötzlich wieder sehr schnelle Bewegungen ausführen. Daher ist mein Fazit: Tischtennis ist die beste Therapie für an Parkinson erkrankte Menschen.
Die Fragen stellte Daniel Faust
Über PingPongParkinson Deutschland e. V.
Der PingPongParkinson Deutschland e. V. (kurz PPP) ist der bundesweite Zusammenschluss von Einzelpersonen und Selbsthilfegruppen, die sich in ehrenamtlicher Arbeit und Tischtennis um Personen mit Parkinson und deren Angehörige kümmern. Der Mittelpunkt der Tätigkeit von PPP ist es, und den Betroffenen und den Angehörigen Informationen und den Austausch anzubieten. Dafür hat sich das Mittel Tischtennis als ideal herausgestellt. Das Konzept beruht darauf, dass es Tischtennis für jedermann mit Parkinson, völlig unabhängig von den persönlichen Eignungen, also vom Anfänger bis zum Weltmeister, anbieten möchte. Der Verein ist in viele Regionalgruppen aufgeteilt.