Auf netz-kante-weg.de gibt es schon ein paar Serien. Unter anderem die Serie „Tischtennis – meine Leidenschaft“. Diesmal soll es in der folgenden Serie über das Spielen im Ausland. Den Anfang macht Jürgen Knuplesch aus Stuttgart. Er hat im niederösterreichischem Mistelbach gespielt. Die Zeit hat ihn positiv geprägt. Erst 18 Jahre später hat er das Vereins-T-Shirt des Vereins weggeworfen.
Wie bist du überhaupt zum Tischtennis gekommen?
Mein großer Bruder hat gefühlt schon immer Tischtennis gespielt und mein jüngster Bruder auch. Als guter Trittbrettfahrer und Jüngster bin ich dann auch hin. In der Jugend hat mir der Ehrgeiz und das Selbstvertrauen gefehlt, um an die Leistung meiner Brüder heranzukommen. Trotzdem hat mir die Gemeinschaft im Verein gefallen und so kam ich zu Freunden und Mannschaftskameraden. Die Spiele am Samstag stellten den Höhepunkt der Woche dar. Meine Mutter war die treueste Fahrerin. Und ein erfolgreicher Doppelspieltag lies mich strahlen und eine Niederlagenserie führte zu einem frustrierten Wochenende. Jeder Spieltag wurde von mir endlos analysiert. Herausragende Ergebnisse waren 2 dritte Plätze bei den Schülerkreismeisterschaften und den Jugend Kreismeisterschaften, jeweils im Doppel. Und natürlich der Aufstieg in die Bezirksklasse der Jugend. Später wurde ich dann Jugendtrainer und bei den Erwachsenen hatte ich in etwa damaliges Kreisliga-Niveau.
Was hat dann dazu geführt, dass Du in Österreich gespielt hast?
In meinem zweiten Studium gab es ein Praktikumsjahr zu absolvieren. Ich studierte Theologie an einer freien Hochschule und wollte den Menschen in Österreich meinen evangelischen Glauben nahebringen. So absolvierte ich ein Praktikum bei der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde in Mistelbach/Niederösterreich. Und ich wollte Menschen kennenlernen, auch ganz außerhalb der christlichen Gemeinde. Ich mag Menschen. Und ich mag Tischtennis. Und so habe ich einen Club in Mistelbach gesucht und gefunden. Der Sport war ein guter körperlicher Ausgleich zu der geistigen Arbeit und der Beziehungsarbeit eines Theologen.
Wie hat man Dich als Deutschen aufgenommen?
Man hat mich freundlich aufgenommen. Mit Tischtennis trifft man fast immer nette Menschen und das war ganz besonders in Mistelbach der Fall. Es hat auch niemanden schlimm gestört, dass ich evangelischer Theologe war. Geselligkeit ist für mich ein Hauptbestandteil des Breitensports und so waren unsere Besuche beim Heurigen ein Höhepunkt des Trainingsabends. Dort konnte ich mir sogar einmal den peinlichen Patzer erlauben ein Bier bestellen zu wollen. Das macht man im Heurigen nicht und Bier gibt es da auch nicht. Es gibt selbstverständlich Wein, wenn man im Weinviertel wohnt.
Der Verein hatte diese Offenheit, dass man auch mit einem Spieler der ersten Mannschaft trainieren konnte und dass das die Jungs nicht gestört hat. Umgekehrt war man auch bereit selbst mit schwächeren Spielern zu trainieren. Ein echtes Geben und Nehmen.
Ich fühlte mich also wohl und bin sehr gern ins Training gegangen.
Welche Unterschiede hast Du gegenüber deutschen Vereinen in Österreich festgestellt? Gibt es eine andere Struktur, ein anderes Zusammengehörigkeitsgefühl? Wird ein „anderes“ Tischtennis gespielt?
Viele österreichische Vereine gehören zu politischen Parteien. Das war, als ich es herausfand, etwas irritierend. Da es sich in der Praxis aber nicht ausgewirkt hat, war es am Ende wiederum egal. Ich war in der großen Zeit von Werner Schlager dort und da waren natürlich alle stolz drauf. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist mehr vom jeweiligen Verein als vom Land abhängig. Ich hatte einen gesunden Verein erwischt. Natürlich prägt die österreichische Kultur auch den Verein. Ich mag den österreichischen Humor und die österreichische Gemütlichkeit sehr.
Was hast Du aus der Zeit im Verein mitgenommen für Dein weiteres sportliches Leben?
Ich habe schöne Erinnerungen aus Mistelbach mitgenommen. Ich habe dort nette Menschen kennengelernt und kam auch zu einem Ausflug nach Ostdeutschland zu einem befreundeten Verein in Weißwasser. Meine Überzeugung, dass man mit Tischtennis an jedem Ort Sportfreunde kennenlernen kann, hat sich dort auch gefestigt. Ich glaube fest, dass das Wesen eines Vereins ist, dass man sich trotz unterschiedlichem Leistungsniveau mit Respekt und auf Augenhöhe miteinander umgeht. Das hat in Mistelbach super funktioniert. Und ich habe ein gelbes Raiffeisen Union Mistelbach T-Shirt mitgenommen, das ich erst 18 Jahre später weggeworfen habe. Es war gelb und durch den Zahn der Zeit durchlöchert. Es fiel mir sehr schwer es zu entsorgen. Ich habe es mit einem Dank an die schöne Zeit dann ziehen lassen.
Die Fragen stellte Daniel Faust
Falls jemand von seinen Erfahrungen im Ausland berichten möchte, der meldet sich bitte bei Daniel Faust